Ausgerechnet! Unser Universum - eine neue Planetariumsshow im Deutschen Museum
28.02.2019 —
Was geschah nach dem Urknall? Wie entstehen Sterne und Galaxien? Welche Rolle spielt dabei die Dunkle Materie? Um zu verstehen, wie sich unser Universum entwickelt, haben Wissenschaftler mit Hilfe des Hochleistungsrechners SuperMUC aufwendige und spektakuläre Simulationen erstellt. In Zusammenarbeit mit dem Münchner Exzellenzcluster Universe und dessen Nachfolger Origins, in denen verschiedene wissenschaftliche Institutionen zusammengeschlossen sind, ist daraus nun eine neue Fulldome-Show entstanden, die künftig regelmäßig im Planetarium des Deutschen Museums gezeigt wird. Als Sprecher für die ca. 30-minütige Show konnte der bekannte Forscher und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch gewonnen werden.
Ausgerechnet: unser Universum fürs Fulldome-Format. Aus einem Projekt, das über mehrere Jahre von Wissenschaftlern in einem einzigartigen Forscherverbund betrieben wurde, ist jetzt die neue Show für das Planetarium des Deutschen Museums entstanden. Ausgangspunkt war die Arbeit eines Teams von theoretischen Astrophysikern der Ludwig-Maximilians-Universität um Klaus Dolag. „Um die Entstehung von Galaxien und großen Strukturen im Kosmos zu verstehen, haben wir einen Teil des Universums mit der gesamten Materie darin mit Hilfe von Hochleistungsrechnern simuliert“, sagt der Wissenschaftler.
Die Ergebnisse dieser Simulation, die mithilfe von SuperMUC, einem der leistungsfähigsten Computer weltweit, errechnet wurden, lassen sich bildlich darstellen. Raumflüge durch den frühen Kosmos werden möglich und man kann zuschauen, wie sich Galaxien bilden – ideal für ein Fulldome-Planetarium, wo man nicht vor dem flachen Bildschirm sitzt, sondern direkt in die Szene geworfen wird und durch Raum und Zeit schwebt. Das Planetarium besitzt damit eine einzigartige Möglichkeit, solche wissenschaftlichen Daten erlebbar zu machen. In der neuen Planetariumsshow sind aber nicht nur die spektakulären Simulationen zu sehen, die künstlich erzeugten Raumflüge und Filmsequenzen werden auch immer wieder in Bezug gesetzt zu echten Aufnahmen aus dem Weltall.
Tatsächlich ist die Erforschung der Galaxien und der ganz großen Strukturen im Kosmos das Ergebnis eines langen wissenschaftlichen Prozesses, der vor 400 Jahren Fahrt aufnahm, als Galileo sein Teleskop zum Himmel richtete. Die neue Fulldome-Show will den Besucher auf der Erde abholen und über einen kurzen Abriss der Astronomiegeschichte dann in weiter entfernte Gebiete unseres Universums entführen. Am Ende geht es wieder auf die Erde zurück, zu den Instituten und Teleskopen, die uns den weiten Kosmos so nahe bringen können.
Auf die üblichen Effekte des Fulldome-Kinos wird dabei bewusst verzichtet. „Unsere Planetariumsshow visualisiert echte wissenschaftliche Daten und wurde von echten Wissenschaftlern produziert. So können wir den Menschen hautnah zeigen, wie die Forscher arbeiten und zu welchen Ergebnissen sie kommen“, sagt Christian Sicka, der zuständige Kurator im Deutschen Museum. Und Klaus Dolag ergänzt: „Für die Animationen im Film haben meine Mitarbeiter etliche Auswertungsprogramme erstellt und sogar die Außenaufnahmen wurden von unseren Studenten gemacht.“
Die Produktion war nur durch die enge Kooperation zwischen den Wissenschaftlern und dem Planetariumsteam des Deutschen Museums möglich. Dabei waren einige technische Herausforderungen zu bewältigen: Angefangen von den speziellen Anforderungen einer Fulldome-Projektion über die riesigen Datenmengen von rund einem Petabyte (rund eine Million Gigabyte), die gespeichert werden müssen, bis hin zur Rechenzeit. „Obwohl für die Visualisierung einige hundert Computer gleichzeitig an einem Bild arbeiteten, brauchten einzelne Bilder oft mehrere Minuten. Bei fast 50 000 Einzelbildern kommen da mehrere Monate zusammen“, so Dolag.
Herausgekommen ist ein knapp halbstündiger Einblick in die astronomische Forschung, die mit den Einrichtungen in und um München ein weltweit renommiertes Zentrum hat. Zu den prominentesten Köpfen vor Ort zählt sicher Harald Lesch. Der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist konnte als Sprecher für die neue Fulldome-Show gewonnen werden: „Reiseleiter war ich noch nie und dann gleich so eine tolle Reise. Dank der Arbeit meiner Münchner und Garchinger Kolleginnen und Kollegen, ihrer wundervollen Simulationen und Beobachtungen, können wir eine unmögliche Tour durch Raum und Zeit machen. Wir zeigen das Universum wie es heute ist und wie es dazu geworden ist. Bitte schnallen Sie sich an, wir fliegen heute ausnahmsweise mit Überlichtgeschwindigkeit!“ Und Kurator Christian Sicka ist sicher, „dass unsere neue Planetariumsshow mit ihren einzigartigen Visualisierungen und den unterhaltsamen Erklärungen viele Besucher faszinieren wird“.
Daten und Fakten rund um die neue Planetariumsshow:
Dauer: ca. 30 Minuten
Inhalt, gegliedert in fünf Teile:
- Kurzer Abriss der Astronomiegeschichte: Von Galileo bis zur Entdeckung, dass das Weltall Milliarden an Galaxien beherbergt. Hier wird erklärt, wie sich das Wissen über unser Universum und unser modernes kosmologisches Weltbild in den letzten Jahrhunderten entwickelt hat.
- Vorstellung, wie moderne Wissenschaft funktioniert: Wie benutzen Wissenschaftler das Leibniz-Rechenzentrum in Garching und dessen Höchstleistungs-Rechner (SuperMUC). Welche Bedeutung haben astrophysikalische Simulationen und wie helfen diese uns, die Entwicklung des Universums und der darin enthaltenen Galaxien besser zu verstehen.
- Flug durch eine sich zeitlich entwickelnde Simulation von kurz nach dem Urknall bis heute. Dabei wird gezeigt, wie sich Galaxien in Galaxienhaufen dynamisch bewegen und warum sich daraus schließen lässt, dass es Dunkle Materie geben muss.
- Betrachtung einer komplexen Simulation, die zeigt, wie eine Galaxie entsteht, wie sich deren Gestalt mit der Zeit ändert und so am Schluss aus einer Spiralgalaxie eine elliptische Galaxie wird.
- Einführung in die Münchner Wissenschaftslandschaft: vom Wendelstein-Observatorium über ESO und Max-Planck-Institute bis zu den Forschungsverbünden Universe und Origins.
SuperMUC
Supercomputer, der am Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching bei München betrieben wird. Die Endung „MUC“ bezieht sich dabei auf den IATA-Flughafencode des Münchner Flughafens. Er zählt zu den leistungsfähigsten Rechnern weltweit. Mit einer Spitzenleistung von 6,8 Petaflops (also fast sieben Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde), einem Hauptspeicher von 500 Terabyte, zwanzig Petabyte externem Speicher und einem Hochgeschwindigkeitsnetz stellt er Forschern u. a. aus Physik und Chemie, Lebens-, Geo-, Umwelt- und Ingenieurswissenschaften die benötigte erstklassige Informationstechnologie zur Verfügung. Gegenwärtig wird SuperMUC von seinem Nachfolger SuperMUC-NG (Next Generation) mit einer Spitzenrechenleistung von 26,9 Petaflops abgelöst.
Die Exzellenzcluster Universe/Origins
Der Exzellenzcluster Origins befasst sich mit der Entwicklung des Universums vom Urknall bis zur Entstehung des Lebens. Der interdisziplinäre Forschungsverbund wird im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder seit Januar 2019 gefördert und baut auf den weltweit beachteten Forschungsleistungen des Exzellenzclusters Universe (2006 - 2018) auf. Origins verknüpft auf einzigartige Weise die Fachrichtungen Astrophysik, Biophysik und Teilchenphysik, um beispielsweise nach dem Zusammenhang zwischen der Planetenbildung und der Entstehung der ersten präbiotischen Moleküle zu suchen. Am Exzellenzcluster Origins sind die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), die Technische Universität München (TUM), fünf Max-Planck-Institute, die Europäische Südsternwarte (ESO) sowie das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) beteiligt. Das Deutsche Museum ist Outreach-Partner des Verbunds, d. h. hier können die Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Kontakt:
Dr. Klaus Dolag
Tel.: +49 89 2180599
E-Mail: dolag@usm.lmu.de