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26.05.2016

Erste Ergebnisse der neuen internationalen Forschungsgruppe TUMQCD

Die neu gegründete TUMQCD-Kollaboration unter der Leitung von Prof. Dr. Nora Brambilla von der Technischen Universität München hat ihre ersten Ergebnisse veröffentlicht. Die Studien des Hochtemperaturverhaltens der starken Wechselwirkung und des Übergangs vom Niedrig- zum Hochtemperaturverhalten brachten neue Erkenntnisse zum Verständnis dieses Übergangs. Ermöglicht wurden diese Forschungsarbeit, die aus dem Seed-Money-Projekt „Simulating the Hot Universe“ am Exzellencluster Universe hervorging, durch Verwendung der lokalen Hochleistungsrechner-Infrastruktur, nämlich des C2PAP Rechenclusters des Exzellenzclusters Universe und des Höchstleistungsrechners SUPERMUC am Leibniz-Rechenzentrum in Garching. Die Publikation erscheint in der Fachzeitschrift Physical Review D.

Die Atomkerne der von uns beobachtbaren Materie werden im Allgemeinen als Bindungszustände von Neutron und Protonen verstanden, die jedoch, anders als die Elektronen der Atomhülle, keine fundamentalen Elementarteilchen sind.

Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik werden diese als Bindungszustände von Quarks und Gluonen betrachtet, welche in den Protonen und Neutronen eingeschlossen sind (Confinement). Deren überaus komplexe Wechselwirkungen werden theoretisch von der Quantenchromodynamik (QCD) beschrieben. Aufgrund des Confinements können Quarks und Gluonen nicht isoliert werden und sind nicht direkt experimentell beobachtbar.

Bei einer starken Erhöhung der Temperatur über eine Übergangstemperatur von etwa 1,75 x 1012 Kelvin hinaus vollzieht sich eine drastische Veränderung des Verhaltens der QCD und die Wechselwirkungskräfte sind nicht mehr ausreichend, um das Confinement aufrecht zu erhalten. Man spricht in Analogie zur Ionisation von atomaren Systemen vom Quark-Gluon-Plasma (QGP). In einem Quark-Gluon-Plasma ist die Reichweite der Wechselwirkungen so begrenzt, dass sich bei weiterer Erhöhung der Temperatur eine allmähliche Veränderung von einem nach wie vor stark wechselwirkenden Plasma nahe der Übergangstemperatur zu einen lediglich schwach wechselwirkenden Gas von Quarks und Gluonen bei sehr hohen Temperaturen vollzieht.

Um diese Übergänge und die Eigenschaften des Quark-Gluon-Plasmas zu untersuchen, verwendete die TUMQCD-Kollaboration Computersimulationen, bei denen Testladungen in einen thermischen Hintergrund dieser starken Wechselwirkung gebracht wurden. Durch Variation der Temperatur des Hintergrunds und Messung der Eigenschaften dieser Testladungen, wie sie in thermodynamischen Zustandsgrößen – hier der Freien Energie und der Entropie – kodiert sind, konnte die Gruppe um Prof. Dr. Nora Brambilla zeigen, dass der Deconfinement Übergang – die Aufhebung des Confinements – tatsächlich bei einer Temperatur von etwa 1,75 x 1012 Kelvin stattfindet.

Daher legt das Ergebnis der TUMQCD-Kollaboration nahe, dass der Übergang eine deutlich schmalere als bisher angenomme Breite hat. Durch Betrachtung des Hochtemperaturbereichs konnte das Team zeigen, dass ein Quark-Gluon-Plasma ab Temperaturen von etwa 3,5 x 1013 Kelvin grundsätzlich als schwach wechselwirkend betrachtet werden kann. Die Publikation erscheint in der Zeitschrift Physical Review D.

Die Zusammenarbeit der Forschergruppe begann im Rahmen des Seed-Money-Projekts „Simulating the Hot Universe“ des Exzellenzcluster Universe und konnte mit den vom Exzellenczluster und vom Leibniz-Rechenzentrum zur Verfügung gestellten Rechnerinfrastruktur realisiert werden. Insbesondere konnte der lokale Rechencluster C2PAP und der SUPERMUC im Rahmen mehrjähriger Projekte verwendet werden. Im Rahmen der internationalen Kooperation wurden auch Forschungsdaten mit Wissenschaftlern vom Brookhaven National Laboratory ausgetauscht.

Die TUMQCD-Kollaboration hat zum Ziel, Methoden der Effektiven Feldtheorie und numerische Gitterrechnungen in einem neuartigen Rahmen zu ergänzen und damit die Eigenschaften stark wechselwirkender Systeme bei endlichen und verschwindenden Temperaturen zu berechnen. Interdisziplinäre Aktivitäten sind im Rahmen der TUM-IAS Focal Period PROMISe (Predictive Macroscopic Behavior from Microscopic Simulators) geplant.

Zur neugegründeten Forschungsgruppe um Nora Brambilla gehören neben Javad Komijani, Antonio Vairo und Johannes H. Weber von der Technischen Universität München auch Antonin Bazavov (Indiana University Bloomington, USA), Andreas Kronfeld (Fermilab, USA, sowie TUM-IAS Hans Fischer Senio Fellow) sowie Peter Petreczky (Brookhaven National Laboratory, USA).

Die Publikation selbst resultiert darüber hinaus aus einer Zusammenarbeit mit Heng-Tong Ding (Central China Normal University, China) sowie Hans-Peter Schadler (Brookhaven National Laboratory, USA) und wurde vom Department of Energy, USA, und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über den Exzellenzcluster Universe finanziell unterstützt.

Originalpublikation
A. Bazavov et al.: "Polyakov loop in 2+1 flavor QCD from low to high temperatures", Phys. Rev. D, May 2016
arXiv:1603.06637

Kontakt
Prof. Dr. Nora Brambilla
Technische Universität München
James-Franck-Straße 1
85748 Garching
Tel.: 089.289-12353
E-Mail: nora.brambilla@ph.tum.de

Vereinfachte Darstellung des Übergangs von normaler hadronischer Materie in ein Quark-Gluon-Plasma in Abhängigkeit der Temperatur. (Grafik: Antonin Maire, Julien Charles Hamon/CERN)


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